Kuriose Denkenswürdigkeiten 2017 – Teil 3 von 3

Ein Jahresrückblick in Traumbildern

24. September

Folgende Notiz habe ich so wortwörtlich, auf Englisch, in meiner Diktiergerät-App vorgefunden:
The Amazons, living in the Amazon Delta, are going to make an underwater exhibition about humans, and the only way they can be stopped is by eating their fish. Alive.

09. Oktober

a) Die nächste Schulstunde geht bald los, ich aber bin noch längst nicht fertig und frage mich, wie ich es bisher bloß geschafft habe, in den allzu knappen Pausen von fünf bzw. fünfzehn Minuten alles Notwendige zu erledigen. Vor dem Ende der Pause muss ich unbedingt noch ins Badezimmer, um mein nass geschwitztes Unterhemd auszuziehen. Zunächst aber muss ich meinen Krempel an meinem Platz im Klassenraum ablegen, was zusätzliche Zeit kostet.

Einer meiner Mitschüler hat bereits Geld auf meinen Tisch gelegt, das mir einige aus der Klasse noch schulden. Ich danke ihm so knapp wie möglich und mache mich dann gleich wieder davon, ohne das Geld einzustecken. Auch wenn es bereits geklingelt hat und der Lehrer jeden Moment eintreffen wird – das Unterhemd klebt so widerlich auf der Haut, dass ich es unmöglich noch länger anbehalten kann.

Als ich eiligen Schrittes vom WC zurückkehre, finde ich den Klassenraum leer vor – weder Schüler noch Lehrer sind darin. Auch auf der Tafel wurde keine Notiz hinterlassen, um Zuspätkommern wie mir mitzuteilen, wo die Klasse abgeblieben ist. Das Geld ist von meinem Tisch verschwunden. Ich frage mich, ob wir vielleicht jetzt Sport haben und der Lehrer mit der Klasse nach draußen gegangen ist, um das für die Jahreszeit untypisch gute, warme Wetter auszunutzen.

Wenig später sehe ich tatsächlich draußen vor dem Fenster meine Mitschüler unter Anleitung des Klassenlehrers in Sportkleidung aufmarschieren. Ich eile daraufhin zu meinem Schuhregal, das wie selbstverständlich im Klassenzimmer steht, und ziehe meine Turnschuhe an. Durch das Fenster, das zugleich eine Tür ist, springe ich nach draußen zu den anderen und entschuldige mich kurz für meine Verspätung. Da ich schon seit längerer Zeit nicht mehr zur Schule gekommen bin (zuletzt im Jahr 2005) und außerdem die Haare frisch abrasiert habe, sagt der Klassenlehrer zu mir, ich sähe ja wieder erstaunlich normal aus.

Darauf ich: „Ich will das mal als Kompliment auffassen.“

b) Ich schaue auf den Speiseplan einer Kantine, in der ich mir unter gewissem Zeitdruck unbedingt noch mein Mittagessen besorgen will, und finde ein vegetarisches Gericht, das recht gut klingt. Als ich zur Essensausgabe für vegetarische Gerichte gelange, schreckt mich aber wegen der knappen Zeit der große Andrang ab, zumal mein Wunschgericht ohnehin ausverkauft zu sein scheint. Gleich daneben wird überbackenes Hähnchenbrustfilet mit irgendeiner Gemüsebeilage angeboten. Obwohl ich eigentlich auf keinen Fall ein Gericht mit Fleisch nehmen wollte, greife ich nun notgedrungen doch zu.

Kaum habe ich meinen Teller befüllt, sehe ich mich um und stelle fest, dass sich die Kantine an der Spitze eines außerordentlich hohen Fernsehturms befindet. Im nächsten Moment kommt schlagartig ein dermaßen starker Sturm auf, dass der Turm bedenklich ins Wanken gerät. Man kann sowohl spüren als auch sehen, dass er mehrere Meter hin- und herschwingt. Während um mich herum die Gäste in panisches Gekreisch ausbrechen, zerbreche ich mir den Kopf darüber, wie der Turm wohl evakuiert werden könne. Viel drängender aber ist die Frage, wie ich mein Essen retten kann, das durch die Schwankungen größtenteils vom Teller gerutscht ist, und ob ich es nun trotzdem bezahlen muss.

Da es ob der akuten Bedrohung durch den Sturm nicht zu bewältigen wäre, sämtliche Gäste rechtzeitig über die Treppen nach unten zu bringen, wird ein Hubschrauber zur Evakuierung herbeibeordert. Als ich aber den Hubschrauber kommen sehe, merke ich bestürzt, dass ich mittlerweile aus unerfindlichen Gründen unten vor dem noch immer stark schwankenden Fernsehturm stehe. Damit bin ich zwar eigentlich in Sicherheit, doch um wirklich gerettet zu sein, muss ich zwingend zusammen mit dem Rest der Gruppe, zu der ich gehöre, im Hubschrauber vom Turm geholt werden. Dafür aber ist es zu spät, denn ich werde es niemals schaffen, rechtzeitig wieder oben zu sein. Mit wachsender Verzweiflung sehe ich den Hubschrauber unaufhaltsam näher kommen.

24. Oktober

a) Im Rahmen irgendeiner täglichen Verpflichtung muss ich regelmäßig das Parkdeck im Keller eines Gebäudes durchqueren. Schon zum zweiten Mal lauert mir dort ein unangenehmer Typ auf, der mich am Vortag in einen sinnlosen Kampf verwickelt hat. Diesmal hat er zu allem Überfluss Waffen mitgebracht – einen Schlagstock, wie ihn Polizisten verwenden, sowie einen Drumstick – was ihn zu einer noch ernsteren Bedrohung macht. Er fordert mich auf, mich zu wehren, und will mir zu diesem Zweck den Schlagstock aushändigen.

Ich aber weigere mich beharrlich, weil ich Besseres zu tun habe als mit diesem Fiesling einen weiteren sinnlosen Kampf anzufangen, zumal ich gar nicht die körperliche Konstitution dazu besitze und daher schlimme Blessuren zu befürchten habe. Darüber hinaus gebe ich zu bedenken, dass der gesamte Hergang später anhand von Aufnahmen der Überwachungskameras nachvollzogen werden könne. Schlimmstenfalls könne es dann am Ende gar so aussehen, als sei ich für alles verantwortlich.

Mein Kontrahent aber lässt nicht locker, also sehe ich mich zu einem Präventivschlag gezwungen. Ich gehe auf den Typen zu, der in einem Durchgang vor der Treppe nach oben steht, und schaffe es irgendwie, die Waffen aus seiner Hand zu bugsieren. Zu meiner Erleichterung fällt mir ein, dass der Bereich, in dem wir uns nun aufhalten, nicht von den Überwachungskameras abgedeckt ist – sie wären nur zu einem Problem geworden, wenn ich mich auf seinen Schlachtplan eingelassen und den Kampf mitten im Raum ausgefochten hätte.

Derart ermutigt, zerre ich ihn die Treppe hinauf bis zu einem kleinen Zwischengeschoss. Dort hebe ich ihn hoch und schleudere ihn dann mit voller Wucht auf den Betonboden, um ihn wenigstens für einige Zeit außer Gefecht zu setzen. Doch er ist hartnäckiger als gedacht: Statt das Bewusstsein zu verlieren, fängt er nun von seiner ungünstigen Position am Boden aus an, mit mir zu diskutieren.

Statt mich darauf einzulassen, sage ich: „Bevor die Kamera hier überhaupt etwas aufnehmen kann, werde ich dich in einen Nicht-Zustand versetzen und in eine Nicht-Welt verbannen. Denn hier, wo die Kamera dich nicht sehen kann, existierst du gar nicht.“

Während ich spreche, treibe ich den Fiesling mittels irgendeiner Macht auf dem Zwischengeschoss vor mir her. Bald schrumpft er als jämmerliches Knäuel in meiner Hand immer mehr zusammen, zappelt aber immer noch wehrhaft vor sich hin. Ich will ihn dorthin zurücktreiben, woher wir gekommen sind, doch als ich mich umdrehe, ist das bereits erklommene Stück Treppe verschwunden. Dort, wo vorher die Treppe war, ist nun eine hohe Brüstung, sodass es keinen Weg mehr hinab ins Parkhaus gibt. Da begreife ich, dass ich die Nicht-Welt soeben tatsächlich erschaffen habe.

b) Mit meinem Vater und einer dritten Person will ich für drei Tage durch Norwegen fahren. Dazu benutzen wir einen gebrauchten Anhänger, in den man ein Boot oder Auto einspannen kann. Eigentlich brauchen wir zwei solche Anhänger, konnten aber leider nur einen auftreiben. Um nämlich nach der Ankunft in Norwegen flexibel zu sein, wollen wir ein Auto mitnehmen, brauchen aber zugleich einen Anhänger für uns selbst, der als eine Art Wohnmobil fungiert. Wir suchen fruchtlos nach einer Lösung für diese Zwickmühle.

Irgendwann stellt sich heraus, dass es sich bei der dritten Person um meine frühere Partnerin handelt, die zum ersten Mal seit Jahren wieder zu Besuch ist. Bei genauerem Hinsehen stelle ich fest, dass ihre Oberarme und ihr Rücken mit Ansammlungen ausgekratzter Pickel übersät sind, die regelrechte tiefe Krater in der Haut bilden. Nach meinem anfänglichen Schock überlege ich, dass das wahrscheinlich früher auch schon so gewesen sei und ich eben einfach nicht so genau hinsehen dürfe.

Am ersten Tag kommen wir irgendwie nicht dazu abzufahren, sondern hängen stattdessen nur an einem Stellplatz ab und unterhalten uns. Wir dürfen aber nicht zusammen gesehen werden, da das ihrem Mann nicht gefallen würde. So telefoniert sie dann also mit diesem und gibt vor, dass wir schon unterwegs seien und der Hintergrundlärm vom Auto stamme, denn wenn er wüsste, dass wir noch nicht losgefahren sind, würde ja alles auffliegen. Auf einmal fällt uns ein, dass die schönen Photos vom Himmel, die wir bereits gemacht haben, hinterher der unumstößliche Beweis dafür sein werden, dass wir noch nicht losgefahren sind – schließlich wird ja ein Timecode in den Bilddateien gespeichert.

Datum unbekannt

Als Teil der geregelten Körperhygiene trenne ich mir fein säuberlich das Geschlechtsteil ab. Schon als Kind habe ich nämlich festgestellt, dass es danach stets nachwächst, und diese Methode kommt mir deutlich gründlicher vor als eine einfache Reinigung. Als ich das gute Stück auf der Heizung ablege, um die blutigen Hände frei zu haben, kommt mir das Ganze aber plötzlich doch etwas komisch vor.

15. November

In einem kleinen Ostseebad gibt es einen riesigen Hotelkomplex, auf dessen gesamter Fassade Bilder von schönen Hotels aufgeklebt sind, um eine Illusion von Glamour zu erzeugen. Hinter dieser Fassade – das durchschaue ich sofort – verbirgt sich ein erbärmlicher, klobiger Klotz, in dem nichts Besonderes geboten wird. Das Hotel konnte nicht aufblühen, da trotz der tollen Lage mit Seeblick einfach keine Touristen in das Kaff kommen. Ich stehe mit meinen Eltern davor und merke an, dass es wohl sofort ausgebucht wäre, wenn man am Strand einen Ballermann-Verschnitt hochziehen würde.

Als wir weiter an der Küste entlang durch das Kaff schlendern, vorbei an kleinbürgerlichen Wohnhäusern sowie altmodischen Sennhütten, entdecken wir bald in der Ferne eine riesige Kirche. Meine Eltern spekulieren, dass man deshalb noch keinen Ballermann an den Strand gesetzt habe, weil sich die Bewohner davon in ihrer Nachtruhe gestört fühlen würden. Schon schimpft meine Mutter über die spießigen Kirchgänger, die diesbezüglich offenbar nicht mit sich reden lassen. Mein Vater pflichtet ihr eifrig bei, dass diese Einstellung nicht mehr zeitgemäß sei.

Bald stehen wir vor der Kirche, deren immense Größe und kunstvolle Gestaltung aus nächster Nähe geradezu überwältigend ist und in keinem Verhältnis zu dem kleinen Kaff zu stehen scheint, in dem sie sich befindet. Ich versuche, ein paar Photos zu machen, kann die Größenverhältnisse aber nicht ansatzweise einfangen. Unterdessen beklagt meine Mutter, dass die Kirche nicht geöffnet sei.

Immerhin aber können wir einen kleinen angebauten Nebenraum betreten, in dem der Künstler, der die Kirche entworfen hat, weitere Objekte ausstellt. Im Hintergrund läuft ununterbrochen ein ruhiges Weihnachtslied. Es riecht nach Weihrauch. Neben anderen Kunstwerken entdecke ich eine Art Tafel aus Kork, ähnlich einer Pinnwand, aus der mittig am oberen Rand ein schmaler Spalt ausgeschnitten ist. Hierbei handelt es sich um das Magnum Opus des Künstlers.

Neuerdings ist mein Schwager dabei, nimmt das Magnum Opus in die Hand und lässt es dann unter den Augen des Künstlers, der die ganze Zeit im Ausstellungsraum ist, beinahe fallen. Mein Schwager will nun demonstrieren, wie solche Korktafeln gebrannt werden, etwas, das auch bei ihm am Arbeitsplatz gängig ist. Dazu wischt er allerlei Zeug von der Arbeitsfläche des Künstlers und bringt so ein großes Ceranfeld zum Vorschein. Der Künstler ist schon ganz ungehalten.

Da taucht plötzlich ein kleines Mädchen auf, das mit seinen Eltern in der Ausstellung sein muss. Es unterbricht die Vorführung meines Schwagers und behauptet, auch den Aschehammer der Wikinger bedienen zu können, der bei den Arbeitsutensilien des Künstlers liegt. Sie nimmt also den Aschehammer in die Hand und der Künstler beginnt, von fünf abwärts zu zählen. Bei null soll das Mädchen mit dem Hammer auf ein Holzstück eindreschen, das unter Polstern auf dem Ceranfeld ausgelegt wird. Während das Mädchen also mit voller Wucht auf das Holzstück eindrischt, schreit es auf Pseudo-Altnordisch: „Askrhammar vekkhaugr!“

Nach getaner Arbeit drückt sie das vollkommen zersplitterte Holzstück einem Freund aus Norwegischkurs-Zeiten in die Hand, der nun auch noch da ist, und sagt: „Slik sjår det ut når man blir ordentlig voldtatt med en askehammer.“

(Zu deutsch: „So sieht es aus, wenn man anständig mit einem Aschehammer vergewaltigt wird.“)

17. November

Gegenüber einigen Protestanten, die eine Partei gründen wollen, lasse ich mich schonungslos über den Glauben aus. Plötzlich aber wird meine Tirade jäh davon unterbrochen, dass eine Protestantin wild mit mir zu knutschen anfängt. Da muss auch ich mir eingestehen, dass unsere Weltsicht zwar inkompatibel sein mag, wir uns aber trotzdem unaufhaltsam zueinander hingezogen fühlen.

Bald kommt ein Typ in den Raum geplatzt, der auch zu der geplanten Partei gehört. Die beiden entscheiden kurzerhand, mich für eine wichtige Wahl als ihren externen Kandidaten aufzustellen. Nach einiger Abstimmung dazu, ob das denn rechtlich überhaupt möglich ist, sowie einer kurzen Wahlprognose mittels eines Bingospiels bin ich dann auch endgültig zum Kandidaten bestimmt, ohne überhaupt gefragt worden zu sein.

Hinterher stellt sich heraus, dass ich, um aufgestellt werden zu können, in die Evangelische Schwulen- und Lesbenkirche e.V. eintreten muss. Für mein Wahlphoto werden mir sogleich zwei sogenannte Schwulenhunde zugeteilt – elegante, schlanke Tiere mit weißem Fell und goldenen Augen. Als ich mit den Hunden posieren muss, stelle ich zu meiner Erleichterung fest, dass sie nur ausgestopft sind.

Nach dem Shooting komme ich in Begleitung der Schwulenhunde sowie irgendeiner zweiten Person nach Hause in ein riesiges Anwesen. Wer auch immer dort auf mich wartet, kommt uns entgegen und sagt zu meiner Begleitperson, dass ich ja bald auf Welttournee gehen müsse und an den beiden dann die lästige Pflege der Hunde hängenbleiben würde, was ja eigentlich unzumutbar sei. Ich aber hebe die ausgestopften Hunde in die Luft und sage: „Ich glaube, die sind ganz pflegeleicht.“

(Ich entschuldige mich für die potenzielle politische Unkorrektheit dieses Traumes und betone ausdrücklich, dass keinerlei Abwertung oder Verhöhnung von Homosexualität beabsichtigt ist. Nach einiger Abwägung fand ich den Traum einfach zu herrlich absurd, um ihn der Öffentlichkeit vorzuenthalten oder zu zensieren.)

20. Dezember

a) Ich bin spät abends oder nachts mit meinen Eltern in meiner Geburtsstadt mit dem Fahrrad unterwegs. Wir fahren über eine gewölbte Brücke und ich lasse mich auf der anderen Seite gemütlich herunterrollen. Zweck dieses Ausfluges ist, dass ich meinen Eltern eine besondere Route zeigen will, die ich im Zuge früherer Erkundungstouren mit dem Rad entdeckt habe. Die Fahrt dauert aber deutlich länger, als ich sie in Erinnerung hatte, und bald bin ich nicht mehr sicher, ob ich mir die Route richtig gemerkt habe.

Da stellen mein Vater und ich fest, dass meine Mutter uns nicht mehr folgt. Wir steigen ab und schieben die Räder ein Stück Wegs zurück. Bald entdecken wir meine Mutter, die sich trotz der Dunkelheit kauernd an den Pflanzen am Wegesrand zu schaffen macht, als arbeite sie im Garten. Als ich sehe, dass sie in einem Haufen matschiger Nektarinen herumwühlt, wird mir alles klar.

Daraufhin erkläre ich, dass die in dieser Gegend wachsenden Nektarinen schädlich seien, da sie Fressfeinde anderer Pflanzen anlockten. Grund dafür sei, dass sie, wenn sie reif zu Boden fallen, allzu schnell faul und matschig würden, sodass der Saft auslaufe und mit seinem Duft die Schädlinge anlocke.

b) Ich bin soeben in eine neue Wohnung eingezogen – eine ziemlich elegante, geradezu bonzig wirkende Loftwohnung. Obwohl ich mich auf eine WG mit zwei wildfremden jungen Männern einlassen musste, was mich vorläufig kaum stört, wundere ich mich doch, wie ich bloß an diese teure Wohnung gekommen sein mag. Doch für den Moment überwiegt meine Begeisterung ob dieser unverhofften Verbesserung meiner Wohnsituation. Zu meiner eigenen Verwunderung können selbst die vielen Gäste, die meine Mitbewohner zur Einweihung eingeladen haben und die teilweise sogar in der Wohnung rauchen, meine Stimmung kaum trüben – vielmehr freue ich mich sogar, dass mal etwas Leben in die Bude kommt.

Anlässlich der Einweihung ist auch meine frühere Partnerin zu Besuch, die ich seit Jahren nicht gesehen habe, und hat ihren Mann mitgebracht. Ich frage sie, was sie denn von der Wohnung halte, und auch sie ist sehr angetan. Das könne man schon eine ausgewachsene Loft nennen, pflichtet sie mir bei. Dennoch ist die Stimmung zwischen uns angespannt.

Im Folgenden fungiert ihr Mann als Dolmetscher zwischen uns, d.h. er übersetzt auf einem Notizblock das, was ich ihr mitteilen will, in ihre Sprache, die aber ebenfalls Deutsch ist. Dabei scheint er das eine oder andere unsauber bis falsch wiederzugeben und ich mutmaße, dass er nicht in meinem Interesse handelt, sondern seine eigene Agenda hat. Als sie auf eine seiner Übersetzungen besonders irritiert reagiert, nehme ich ihm den Block ab und sehe nach, was er notiert hat. Dort steht dann u.a., dass für mich ja wohl auch was dabei rausspringen müsse (wobei auch immer). Ferner hat er mir zu allem Überfluss ein Liebesgeständnis in den Mund gelegt, wobei er unter seine Übersetzung dann auch noch ein eigenes Liebesgeständnis eingefügt hat.

Trotz der Irritationen durch sein arglistiges Vorgehen komme ich am Ende zu dem Schluss, dass er ein überraschend netter Kerl sei, viel netter, als ich ihn mir vorgestellt habe. Daher teile ich den beiden mit, ich hätte meinen Frieden damit gemacht und würde mich künftig nicht mehr einmischen. Sie nimmt dann trotzdem noch mit einer gewissen Restzuneigung meine Hand, und dabei sehe ich plötzlich, dass sie mittlerweile in unerklärlichem Maße gealtert ist und schon über sechzig zu sein scheint. Altersflecken überziehen die vertrauten Hände und das Gesicht erinnert nur noch entfernt an jenes, das ich kannte. Dass mir das nicht gleich zu Anfang aufgefallen ist!

Unbeeindruckt von alldem feiern im Hintergrund die Gäste weiter die Einweihungsfeier meiner neuen Loftwohnung.

Über Dominik S.

Author, musician and individualist.
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2 Antworten zu Kuriose Denkenswürdigkeiten 2017 – Teil 3 von 3

  1. Beli Bluescreen schreibt:

    Schönes Finale! 😀

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